Sport ist gesund. Sport macht glücklich. Sport verlängert das Leben. Sagen sie. Aber wer sind diese Leute? In Wahrheit verlängert Sport vor allem den Abstand zum Sofa und reduziert die Zeit, in der man in absoluter Ruhe nichts tun kann. Sport ist die einzige Form von Selbstbestrafung, die gesellschaftlich komplett akzeptiert – ja, sogar glorifiziert – wird.
Der Anfang: Es soll Spaß machen
Sport wird oft beworben mit Worten wie „leicht“, „spaßig“, „befreiend“.
In der Realität beginnt es dann aber mit dem Satz: „Komm, wir machen’s langsam“ – und endet dafür mit Seitenstechen, Schweiß und der Frage, ob das Herz gerade wirklich ernst macht oder nur probt.
Ob Joggen, Yoga, Zumba oder CrossFit – ein Trio ist immer dabei: Schmerz, Selbstzweifel und Musik, die motivieren soll, aber wie ein akustischer Burnout klingt.
Gruppenzwang im Trainingsanzug
Fitnessstudios sind die Tempel der Selbstoptimierung. Hier wird geschwitzt, gelächelt und verglichen. Der Spiegel ist überall. Die Werte sind sichtbar. Und wer nicht weiß, was ein HIIT-Workout ist, gilt als Vormensch. (Hass Integriert In Training ist übrigens nicht die korrekte Bedeutung).
Sport ist nicht einfach nur Bewegung – es ist eine Identitätsfrage mit Geräteabo und kostenpflichtigem Proteinshake. Wer hier nicht mitmacht, hat „den Körper nicht im Griff“. Klingt nach Motivation – ist aber soziale Kontrolle mit Druck und Dehnübungen.
Die Ästhetik des Leidens
Wer keinen Sport macht, lebt falsch – zumindest auf manchen Instagram Bildern. Dort heißt es: „Pain is temporary, pride is forever“ – und dazu ein Selfie im Legday-Outfit mit Schweißperlenfilter. Was früher ein Stillleben der Entspannung war, ist heute der perfekte Burpee-Winkel. Sport ist zur Ästhetik verkommen. Nicht das Tun zählt, sondern das Posten – Likes und Kommentare zeugen von Erfolg. Zumindest in der digitalen Welt. Wer nicht schwitzt, ist nicht sichtbar. Wer nicht sichtbar ist, zählt nicht.
Zeitfresser mit Schuldgefühl
Sport kostet Zeit. Viel Zeit. Sehr viel Zeit. Und wenn man davon mal keine hat, kommt das schlechte Gewissen gleich mit. „Heute wieder nichts gemacht…“ – als wäre ein Tag ohne 10.000 Schritte eine moralische Verfehlung.
Dabei wollte man doch einfach nur kurz leben – nicht gleich eine olympische Norm erfüllen.
Der Leistungskult in der Freizeit
Was in der Welt oft als „Ausgleich“ verkauft wird, ist oft nur ein weiterer Ausdruck für Leistungsdruck. Mehr Wiederholungen, schnellere Zeit, bessere Form – auch in der Freizeit wird verglichen, bewertet, getrackt. Ein Wettbewerb der härter ist als jede Teilnahme bei Olympia.
Und spätestens beim Firmenlauf wird klar: Sport ist nicht Erholung. Es ist eine Präsentation mit Laufnummer.
Nicht jeder muss rennen
Sport ist okay – für die, die Sport mögen. Aber Sport zu hassen ist auch okay. Er ist kein Lebenssinn, kein Statussymbol, kein Pflichtprogramm. Wer nicht rennt, lebt trotzdem. Wer nicht dehnt, kann trotzdem gesund sein. Und wer einfach keinen Bock auf Sport hat, muss sich nicht erklären.
Manchmal ist der gesündeste Schritt der zum Kühlschrank – und das ist auch Bewegung.