Fußball ist nicht einfach ein Sport. Es begeistert die Massen. Fußball ist Kult, Kommerz, Kollektivrausch. Und genau das ist das Problem, warum viele Menschen sagen „Ich hasse Fußball“.
Wer Fußball nicht liebt, gilt als Außenseiter, Spaßbremse oder wahlweise sogar kulturfeindlich. Dabei ist der Gedanke dahinter ganz simpel: Es ist ein einfaches Spiel. Ein Spiel mit einem Ball. Und es ist laut, überbewertet und nervt.
Jeder redet mit, aber keiner weiß warum
Die Regelkenntnis vieler selbsternannter „Experten“ endet bei der Abseitsfalle. Das hindert aber noch lange niemanden daran, 90 Minuten lang lautstark zu analysieren, zu schimpfen, rumzupöbeln und dem Schiedsrichter die Welt zu erklären.
Fußball ist der einzige Lebensbereich, in dem plötzlich alle von Fach sind, obwohl sie seit Jahren keinen Ball mehr berührt haben. Außer vielleicht beim Familiengrillen oder dem letzten Dorffest.
Fan-Kultur oder emotionaler Ausnahmezustand?
Schal um den Hals, Stimme heiser, Bier in der Luft. Das ist dann die „Leidenschaft“ im Stadion. Aber wehe, jemand schreit bei einem Theaterstück, weint beim Jazzkonzert oder brennt sonst nur annähernd so für eine Leidenschaft. Dann heißt es: „Jetzt übertreib mal nicht.“
Fußball darf praktisch alles. Es darf laut sein. Es darf hässlich sein. Und es darf irrational sein. Und alle anderen müssen natürlich Verständnis zeigen, weil es ja „mehr als ein Spiel“ sei. Spoiler: Es ist genau das. Es ist einfach nur ein Spiel. Und diese unterschiedliche Wahrnehmung führt zum Kampf der Massen zwischen „Ich liebe Fußball“ und „Ich hasse Fußball“!
Kommerz auf Rasen
Trikots wechseln jährlich. Ticketpreise steigen ständig. Sponsoren pflastern alles zu. Fußball hat sich längst vom Volkssport zur absoluten Marketingmaschine entwickelt. Trotzdem wird weiter vom „ehrlichen Spiel“ gefaselt. All das, während sich Stars auf Insta-Suiten präsentieren und Vereinsidentität am Sponsoring hängt.
Ich hasse Fußball, weil es vorgibt, authentisch zu sein, aber schon längst ein Milliardengeschäft mit Stadion-Choreografie ist.
Überall. Immer. Zu laut.
WM, EM, Bundesliga, Freundschaftsspiel, „El Classico“, Pokalhalbfinale, Testspiel, U19.
Fußball läuft ständig. Überall. Und auch immer. In der Kneipe. Auf dem Pausenhof. Im Büro. Im Wohnzimmer der Schwiegereltern. Ohne Fußball ist alles nicht.
Wer dem entkommen will, braucht einen Bunker oder taube Ohren und blinde Augen.
Und wehe, jemand fragt an einem Spieltag, ob man den Sender umschalten darf: Sakrileg.
Die Überhöhung des Ballbesitzes
Fußball ist längst weit mehr als nur Sport. Es ist Ersatzreligion, Identitätsanker, Nationalgefühl. Aber: Kein Spieler heilt damit Krebs. Kein einziges Tor löst soziale Ungleichheit. Und kein Elfmeter rechtfertigt das Wurfgeschoss im Stadion oder den fremdenfeindlichen Fan-Gesang innerhalb und außerhalb der modernen Kampfarena.
Wer sagt „Ich hasse Fußball“, meint nicht das Spiel an sich, sondern die ideologische Aufladung, die alles andere erstickt.

Darf man Fußball hassen? Ja, ich hasse Fußball
Ja, man darf das sagen. Man darf Menschen mögen und das kollektive Grölen in den 90 Minuten, davor und danach trotzdem ätzend finden. Man darf Bewegung schätzen und trotzdem nie im Leben ein Spiel ansehen wollen. Man darf also sagen: Ich hasse Fußball. Ohne sich dabei erklären zu müssen. Ohne Spott. Weil nicht alles, was populär ist, automatisch gut tut.
Nichts gegen den Ball. Sondern Gegen das Drumherum.
Fußball selbst ist nicht das Problem. Es sind die Dinge die damit einhergehen: Die Mythen, die Überhöhung, der Dauerlärm und das Gefühl, sich dafür rechtfertigen zu müssen, kein Trikot zu besitzen. Man muss es nicht hassen, aber man darf. Und das fühlt sich manchmal fast so befreiend an wie ein Tor in der Nachspielzeit, welches über den Sieg entscheidet.
Noch mehr Dinge zum Hassen
Ich hasse Geburtstage – Zwischen Fremdscham und Kuchenpflicht
Geburtstage sollen schön sein. Persönlich, herzlich & emotional. In der Praxis sind sie aber oft…
Ich hasse Podcasts – Wenn Reden zur Dauerbeschallung wird
Podcasts sind einfach allgegenwärtig. Beim Aufstehen, beim Kochen, beim Sport, beim Einschlafen. Men…
Ich hasse meine Arbeit – Warum Leistung nicht glücklich macht
Arbeit soll Struktur geben, Sicherheit, vielleicht sogar Erfüllung und mehr. In der Realität gibt si…